Abschnittsübersicht



  • Kerres (2013: 6) ordnete die Umschreibung E-Learning als eine Art „Oberbegriff für alle Varianten der Nutzung digitaler Medien zu Lehr- und Lernzwecken“ ein.

    Die Begrifflichkeit E(lectronic)-Learning unterliegt keiner einheitlichen Definition und wird einem D(igital)-Learning untergeordnet bzw. durch diese Bezeichnung zum Teil ersetzt (vgl. Kumar et al., 2003: 194).

    Hoppe et al. (2003: 255) grenzen noch das sogenanntes M(obile)-Learning als Teilmenge vom E-Learning ab, welches den Fokus auf ein Lernen mit mobilen Geräten und drahtloser Übertragung setzt.

    Ein digitales Lehren und Lernen kann auf unterschiedlichste Art und Weise umgesetzt werden, sollte jedoch didaktischen und pädagogischen Zielsetzungen unterliegen und eine zielgruppenadäquate Inszenierung verfolgen. Ergänzende und vertiefende Informationen dazu finden Sie auch in dem Kurs Mediendidaktik!

    Die unterschiedlichen Szenarien, ihre Eigenheiten und Schnittmengen digitaler Lehre werden nachfolgend erläutert sowie Empfehlungen für eine praktische Umsetzung diesbezüglich zusammengefasst.

    Einige Best-Practice Beispiele sollen abschließend die vorgestellten Theorien in konkrete Lehr- und Lernszenarien überführen.


    Grundsätzlich lässt sich aufgrund der langjährigen Etablierung der Begrifflichkeit E-Learning eine in vielen Institutionen und Einrichtungen gewisse Legitimation im Sinne eines Wiedererkennungswertes und damit verbundenen Vorstellungen konstatieren, differenziert betrachtet sollte man jedoch in verschiedene Lehr- und Lernsettings unterscheiden und die jeweiligen Charakteristika der zugrundeliegenden Methodik betrachten.

    E-Learning meint alle Einsatzvarianten digitaler Medien und Informations-/Kommunikationstechnologien zur Initiierung oder Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen in didaktisch zielgerichteten Lehr-Lern-Arrangements.
     
     

    • Einige Autoren lehnen E-Learning mittlerweile als Bezeichnung für den Einsatz neuer Medien in Lehr- und Lernprozessen ab, da es nicht mehr zeitgemäß erscheint, die kognitive Perspektive von Lernprozessen vernachlässigt wird, sich unterschiedlichste Lernformate etabliert haben und u.a. ein anderes Lernen mit dem Buchstaben E als ohne suggeriert wird (vgl. Bachmann et al., 2009; Czerwionka, 2015).



      Die binäre Gegenüberstellung von E- und "Nicht-E-" Learning ist nicht zielführend: Es wird eine Konkurrenz suggeriert, die keine ist!
       
       

    • Ob digitale Medien und deren vielfältiger Einsatz in Lehr- und Lernszenarien einen Mehrwert für Bildungsprozesse darstellen, soll in diesem Kapitel hinterfragt werden.

      Krommer (2018) kritisierte den Begriff Mehrwert im Zuge des Einsatzes von Medien in Bildungsprozessen, da dieser unscharf ist und es keine klaren Kriterien für die Bestimmung von didaktischem oder pädagogischem Wert gibt. Medien dürfen nicht lediglich als Werkzeuge verstanden werden, sondern sie prägen die gesamte Struktur und Kultur des Bildungssystems hin zu einer Medienkulturdidaktik (vgl. ebd.).

      Schon Manuel Castells (2001) bescheinigte Medien und Technologie in seinem Buch Aufstieg der Netzwerkgesellschaft entscheidenden Einfluß auf kommunikations- und identitätsbildende Prozesse des Einzelnen.

      Kommunikation prägt die Kultur entscheidend“ (Castells, 2001: 376).
      Wenn man diese Entwicklungen anerkennt und wahrnimmt, so greift der Begriff Mehrwert im Zusammenhang mit digitalen Lehr- und Lernszenarien als zu kurz. Ein grundlegender Wandel hat das Bildungssystem erfasst und es findet ein Paradigmenwechsel von der Typografie zur Digitalität  (Krommer, 2018) statt.

      Diese Entwicklung hat auch tiefgreifenden Einfluss auf die Gesellschaft und das Miteinander.
      Die Auswirkung dieser Vernetzung beeinflusst ebenfalls das „[…]Verständnis dessen, was Menschsein bedeutet“ (Christakis & Fowler, 2009: 50). Das Handeln und Wirken Einzelner in einer vernetzten Welt kann in einer „Art sozialer Kettenreaktion“ (ebd.: 50) münden, unterschiedliche Menschen positiv wie negativ beeinflussen und einen selbst zum „Teil von etwas Größerem“ (ebd.: 51) werden lassen. Diese Feststellung birgt Chancen und Risiken zugleich, lässt aber folgende Schlussfolgerung zu:

      Ein Bewusstsein um unsere Vernetzung mit anderen Menschen verändert notwendig unsere Vorstellung der freien Entscheidung“ (ebd.: 52).
       
       

    • Die digitale Welt kann auch als völlig neues Medium verstanden werden, wie die Pinguin Metapher von Muus-Meerholz (2018) aufzeigt.

      Pinguine bewegen sich in zwei verschiedenen Medien(welten), im Wasser und auf dem Land. Sie bewegen sich in beiden Medienwelten jedoch völlig unterschiedlich, da im jeweiligen Medium gänzlich andere Bedingungen herrschen. Es ist daher nur schwer möglich, Vergleiche der Medien im Sinne eines "Mehrwertes" anzustellen!

      Der Mensch findet sich, ebenso wie der Pinguin, mit einem komplett neuen Medium konfrontiert bzw. er befindet sich eingentlich schon mittendrin! Dieser Übergang von einem in das andere Medium verursacht evtl. Probleme und Schwierigkeiten, da der alte Maßstab nicht 1:1 in die neue Medienwelt übersetzt werden kann. Erkunden und Erproben hilft Verständnis und Fortbewegen in dem neuen Medium zu fördern, Vergleiche zur alten Welt helfen dort nur bedingt!


      Die Pinguin Metapher hilft Verständnis für eine Transformation von einer analogen zur digitalen Welt aufzubauen und die Schwierigkeit einer 1:1 Übertragung herauszustellen!
      Für Lehrende ist es damit z.B. nicht getan, Ihre Vorlesung von 90 Minuten abzufilmen und ins Netz zu stellen. Lehren und Lernen folgt hier anderen didaktischen Gesetzmäßigkeiten und erfordert eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Bedingungen, Möglichkeiten und Methoden, die die digitale Welt beinhaltet.