4. Digitales Lehren - Theorie & Praxis
Abschnittsübersicht
-
Wie kann eine Transformation von theoretischen Grundlagen der digitalen Lehre in konkrete Lehrszenarien gelingen?Hier sollen die bisher vorgestellten Erkenntnisse und Theorien in eine Praxis überführt werden.
Lehrende sollen zunächst aufgezeigt bekommen, welche Prinzipien und Modelle sich für digitale Lehr- und Lernszenarien eignen und sich empirisch bewährt haben.
Darüber hinaus sollen ebenfalls motivationale und emotionale Aspekte des Lernens und entsprechender Lernarrangements vorgestellt und bewertet werden.
-
4.1 Prinzipien des multimedialen Lernens
Die nachfolgend vorgestellten Prinzipien basieren auf zahlreichen Untersuchungen zur kognitiven Theorie des multimedialen Lernens von Richard E. Mayer (2001) und dienen als Hilfestellung zur Gestaltung von E-Learning-Szenarien und entsprechenden Lehr-Arrangements.Das theoretische Modell und die zugrundliegenden Annahmen finden sich im Kurs Didaktik und Mediendidaktik!
Prinzipien multimedialen Lernens:- Kohärenzprinzip
Weniger ist mehr: Nur relevante, abgestimmte Inhalte präsentieren, die die Lernenden nicht überfordern und ihr Interesse wecken!- Kontiguitätsprinzip I
Zusammenhängende Wörter und Grafiken sollten nahe beieinander platziert werden, erläuternder Text z.B. in einer Abbildung!- Kontiguitätsprinzip II
Simultane Präsentation / Darstellung von Informationen (sprachlich und visuell) fördert den Wissenserwerb!- Multimediaprinzip
Texte und Bilder bzw. Animationen wirken in Kombination effektiver auf Lernprozesse, als nur textuelle Informationen!- Modalitätsprinzip
Die audiovisuelle Informationsaufnahme ist kognitiv weniger fordernd und wirkt effektiver als geschriebener Text zu einem Bild!- Redundanzprinzip
Unnötige, kognitive Belastungen sollten vermieden werden (z.B. gesprochener Text und dazu noch Abbildung des Textes)!- Personalisierungsprinzip
Computer als pädagogischer Agent; Ansprache, Instruktion und Interaktion helfen bei individuellem Design den Lernenden; -
4.1.2 Lehr- und Lernvideos
Videos und Aufzeichnungen sind in der
Lehre ein beliebtes Mittel, um Inhalte dem Lernenden flexibel, zeit- und ortsunabhängig (z.B. über eine Lernplattform) zur Verfügung zu stellen. Die Lernenden haben hierbei die Möglichkeit, sich Inhalte in ihrem Lerntempo anzueignen, indem sie die Clips herunterladen und vor- oder zurückspulen können.
Oftmals werden inhaltliche Grundlagen (z.B. der Vorlesung) einer Fachrichtung u. A. in solchen Clips aufbereitet und den Studierenden für das Selbststudium über eine Lernplattform bereitgestellt.
"Onlinevideos sind alltäglich und breitgefächert genutzte Lernobjekte geworden, die Jugendliche im Internet suchen und für ihr eigenes alltägliches und schulisches Lernen verwenden" (Rummler & Wolf, 2011: 265).Es gilt jedoch auch hierbei wichtige Erkenntnisse bei der Vermittlung von Inhalten über das Medium Video zu beachten (siehe auch 1.1.2 Pinguin-Metapher). Nachfolgend sollen einige zentrale Studienergebnisse zur Thematik zusammengefasst werden:
Studienlage
Kim et al. (2014) fanden unter anderem heraus, dass die Länge von Lehr-Videos nicht mehr als 6 Minuten betragen sollte.
Eine repräsentative, internationale Studie der Firma simpleshow (2016) bestätigt diese These und konstatiert einer Videolänge von bis zu 3 Minuten besonders gute Lerneffekte.
Die Wahrscheinlichkeit der Betrachtung sinkt mit der zeitlichen Länge eines Videos, zudem ist die Aufmerksamkeitsspanne tendenziell abnehmend und dem Faktor Zeit wird zukünftig mehr Bedeutung beigemessen.Darüber hinaus empfiehlt es sich auf zu viele Effekte und zu bunte Videos (im Sinne der Lerneffektivität )zu verzichten (vgl. ebd.).
Es wird zukünftig nicht der absolute Lernerfolg einer Videoeinheit entscheidend sein, sondern vielmehr die Zeit, in der dieser Lernerfolg erreicht wird.Lediglich 55% instruktionaler Videos werden bis zum Ende angesehen (vgl. Kim et al., 2014).
Eine längere Betrachtung korreliert mit der Sichtbarkeit der Lehrperson im Video (ebd.), da die Aufmerksamkeit der Lernenden durch ein Gesicht positiv beeinflusst wird (vgl. Kizilcec, 2014). Auf den Lernerfolg hat die sichtbare Lehrperson jedoch keine signifikante Auswirkung (ebd.).
Eine weitere Studie belegte darüber hinaus, dass Lernende "[...]theoriebasierte Videos im Lecture Style, also mit sichtbarer Lehrperson, präferieren und bei gleichzeitiger Erhöhung der Lernmotivation zu besseren Lernergebnissen tendieren." (Sailer & Figas, 2015: 94).
Videos / Clips können auch emotionale und motivationale Funktionen beeinflussen, durch z.B. Gestik und die Stimme des Lehrenden.Gestiken und andere Signalingmethoden sind im Video hilfreich und lenken den Fokus der Lernenden (vgl. Dargue, Sweller, 2020).
Interaktive Videos steigern signifikant das Interesse und führen zu stärkerem Wissenszuwachs!Eine Studie (Schneider et al., 2016) konnte aufzeigen, dass Interaktionen innerhalb eines interaktiven Erklärfilms einen Einfluss auf das thematische Interesse der Lernenden haben und zudem zu einem stärkeren Wissenszuwachs führen als Medien ohne Interaktionen!Quizzes, Multiple Choice Aufgaben, Zuordnungsübungen und/oder Gamification sind nur wenige Beispiele für Interaktivität in Videos!Eine erhöhte Abspielgeschwindigkeit (1,5-/2fach) beeinflusst das Verständnis und die Lerneffizienz übrigens kaum. Dies ermöglicht den Lernenden ihre Lernzeit ökonomisch einzuteilen, da nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl digitaler, asynchron bereitgestellter Videos Lernzeit strategisch eingesetzt werden kann (Quelle: https://www.forschung-und-lehre.de/lehre/mit-doppelter-geschwindigkeit-durch-die-vorlesung-4361 [26.01.2022]).
-
4.2 Lernen und Motivation

Das Lernen und Motivation zusammenhängen klingt logisch und doch erfährt diese Beziehung relativ wenig Berücksichtigung bei der Konzeption und dem Design von digitalen und/oder hybriden Lehrszenarien.
Gerade in Zeiten selbstgesteuerten Lernens und aufgrund vermehrter, orts- und zeitunabhängiger Lernprozesse erfährt die Bedeutung motivationaler Aspekte für die Lehre und das Lernen eine neue Relevanz.
Es gilt daher die motivationalen Aspekte zu beleuchten und einen Transfer in die vielfältigen Möglichkeiten von Settings der digitalen Lehre aufzuzeigen.
Zunächst soll eine grundlegende Differenzierung von Motivationsarten vorgenommen werden, um dann Transfereffekt auf heutige Lehrszenarien zu veranschaulichen.
Neugier am Lerninhalt und der Anwendung zu wecken, sollte hierbei stets als übergeordnete Zielsetzung dienen und als Herausforderung für didaktisch inszenierte Lehrformate verstanden werden.
Welche Arten von Motivation sind wichtig zu kennen und was zeichnet diese aus?Intrinsische vs. Extrinsische Motivation
Eine differenzierte Betrachtung bestimmter Verhaltensweisen von Individuen erfordert eine Auseinandersetzung und ein Verständnis von intrinsischer und extrinsischer Motivation (vgl. Renninger, Hidi, Krapp, 1992).
Vereinfacht gesagt unterscheiden manche Autoren in selbstbestimmte (intrinsische, aus innerer Neugier und eigenem Interesse erzeugte) Handlungen sowie nicht-selbstbestimmte (extrinsische, von außen über Anreize erwirkte) Handlungen (vgl. Deci, Ryan, 1993). Intrinsische und extrinsische Motivation sind nicht als genereller Gegensatz zu verstehen, da beide Arten sich auch gegenseitig bedingen bzw. beeinflussen.
Beispielsweise kann jemand der für eine bestimmte Aufgabe keine besonders hohe intrinsische Motivation aufweist, durch externe Reize (wie z.B. ein Lob oder einer Belohnung) eine höhere intrinsische Motivation als Folge entwickeln. Allerdings kann damit auch eine Erwartungshaltung geweckt werden, die eine intrinsische Motivation nur über entsprechend wiederkehrende, externe Reize gewährleistet.
Darüber hinaus scheinen sich laut weiterer Untersuchungen intrinsische und extrinsische Motivation in einer Art positiven Wechselwirkung zu beeinflussen (Stajkovic & Luthans, 2003; Cerasoli, Nicklin & Ford, 2014).
Deci (1993: 226) kritisierte in diesem Zusammenhang, dass „[…]die Einführung extrinsischer Motivatoren in den Handlungsablauf einer intrinsisch motivierten Tätigkeit das Gefühl der Selbstbestimmung unterminiert.“In einer Metaanalyse kamen Cameron et al. (2001) allerdings zu dem Ergebnis, dass extrinsische Belohnungen meistens einen positiven Effekt auf die intrinsische Motivation besitzen. Dies wurde vor allem dann deutlich, wenn die Belohnung für die erbrachte Leistung und nicht für ein bestimmtes Verhalten erfolgte.Wie können Sie nun Motivation generell in Lehr- und Lernszenarien fördern?
Allgemeine Empfehlungen um Motivation und Aktivierung im Unterricht zu fördern:Problemorientierter Ansatz: Stellen Sie Ihren Studierenden aktuelle und relevante Probleme aus der Praxis vor und fordern Sie sie auf, Lösungen zu entwickeln.
Teamarbeit: Ermöglichen Sie Ihren Studierenden, in Teams zu arbeiten, um soziale Interaktionen und Unterstützung zu fördern und die Verantwortung für das Lernen zu teilen.
Selbstbestimmtes Lernen: Geben Sie Ihren Studierenden die Möglichkeit, ihre eigenen Lernprozesse und Ziele zu gestalten, um die Motivation und die Verantwortung für das Lernen zu erhöhen.
Einbeziehung von Technologien: Nutzen Sie moderne Technologien wie Lernmanagement-Systeme, virtuelle Realität oder Simulationen, um über z.T. innovative Methoden eine Aktivierung der Studierenden zu fördern.
Projektbasierter Ansatz: Planen Sie Projekte, die die Anwendung des Gelernten ermöglichen und die Studierenden zu aktiver Mitarbeit ermutigen und ein konkretes Ergebnis als Ziel haben.
Flipped Classroom: Nutzen Sie die Zeit im Hörsaal/Seminar, um die Anwendung des Gelernten zu üben und lagern Sie Grundlagenwissen und vorbereitende Übungen auch auf die Selbstlernzeit aus
Feedback: Geben Sie regelmäßig Feedback, um Ihre Studierenden über ihre Fortschritte und Erfolge zu informieren, Transparenz herzustellen und ihre Motivation aufrechtzuerhalten.
Herausforderungen erzeugen Bedeutung, daher gilt es....
...maßvolle, aber fordernde Aufgaben zu konstruieren:
Balance zwischen Anspruch der Aufgaben und Vorkenntnissen der Lernenden!
...kritisches Denken anzuregen und Kreativität zu fördern:
Z.B. bei der Lösung von Problemen und Fragestellungen! Neugier wecken als starke intrinsische Triebfeder;
...Hilfsbereitschaft der Lernenen zu fördern:
Lernende möchten sich einbringen, gegenseitig unterstützen und können dabei intrinsische Motivation steigern:
...Kontrolle auch abzugeben:
Selbstständigkeit beim Lernen fördern; Eigene, individuelle Lernpfade ermöglichen und Verantwortung übertragen
...Anerkennung Raum zu geben:
Loben Sie dosiert und geben regelmäßig Feedback; Stärken der Lernenden hervorheben!
(vgl. https://elearningindustry.com/sources-intrinsic-motivation-elearning-pros-consider [15.11.2021])
-
4.2.1 ARCS-Modell
1987 entwickelte John Keller sein Modell ARCS, welches ein Instruktionsdesign für E-Learning aus motivationaler Sicht darstellt.Es wird in diesem Modell in vier Kategorien differenziert, die alle Einfluss auf die Motivation von Lernenden besitzen. Zuvor wurde ja bereits die Bedeutsamkeit und die Zusammenhänge von Motivation und Lernen erörtert.Nachfolgend wird aus Gründen des Verständnisses die deutsche Übersetzung des Akronyms verwendet!Erklärung der Begriffe:1. Aufmerksamkeit erlangen (Attention)
2. Relevanz, Bedeutsamkeit des Lehrstoffes vermitteln (Relevance)
3. Erfolgszuversicht (Confidence)
4. Zufriedenheit, Befriedigung (Satisfaction)1. Aufmerksamkeit / Attention:
Bezogen auf multimediale Lehrszenarien ist es ratsam, neue, nicht erwartete, teils widersprüchliche Inhalte den Lernenden (auch in Form einer These oder Fragestellung) zu präsentieren, die Aufmerksamkeit damit zu wecken und/oder eine Diskussionen auszulösen.Auf der technischen Ebene lässt sich dies z.B. durch audiovisuelle Effekte, Animationen, Töne oder Sprache erzeugen. Hierbei sollte allerdings keine Effekthascherei betrieben, sondern die für das Thema wesentlichen Inhalte präsentiert werden. Auch provokative/widersprüchliche Bilder und Aussagen können Aufmerksamkeit generieren, so lange die Intensität der Inhalte angemessen erscheint.Eine abwechslungsreiche Darstellung, z.B. ein Wechsel von interaktiven Elementen und einer reinen Präsentation von Inhalten, erweist sich ebenfalls als günstig im Sinne der Aufmerksamkeit. Auch eingestreute Fragestellungen und Probleme regen die Auseinandersetzung mit der Thematik an und können intrinsische Motivation fördern.2. Relevanz / Relevance:
Motivation entsteht ebenfalls, wenn dem Lerninhalt Bedeutung zugeschrieben wird und dies den Lernenden bewusst wird. Gerade auch die konkrete Verknüpfung des Lerninhaltes mit dem Lernziel lässt die Relevanz deutlich werden und sorgt für Transparenz. Kooperative und kollaborative Lernszenarien (im Sinne bestimmter Lernziele) vermitteln aufgrund konkreter Rollen und Aufgaben eine gewisse Verbindlichkeit und erlangen Bedeutung. Regelmäßiges Feedback und Reflexionsphasen erhöhen die Bindung, reduzieren Drop-Outs und motivieren sich den nächsten Schritten und Aufgaben zu stellen. Es ist den Lernenden somit wichtiger dran zu bleiben und sich zu verbessern.3. Erfolgszuversicht / Confidence:
Im Kern geht es darum, den Lernenden Selbstvertrauen und eine positive Erwartung hinsichtlich des Lernprozesses und klar definierter Lernziele zu vermitteln. Transparenz und Eindeutigkeit der Lernziele und Bewertungskriterien schafft Bewusstsein und baut Vertrauen auf. Vorherige Informationen zu benötigten Vorkenntnisse und Fertigkeiten unterstützen diesen Prozess und bieten Hilfestellung. Lerninhalte von Leicht zu Schwer zu vermitteln, Erfolgserlebnisse herzustellen und innerhalb heterogener Gruppen auch differenzieren zu können sind Eigenschaften des Lehrenden, die die Erfolgszuversicht bei Lernenden positiv beeinflussen können. Den Lernenden Verantwortung zu übertragen, Kontrolle über das eigene Lerntempo zu ermöglichen und individualisierte Lernpfade (z.B. auf einer Lernplattform) verstärken die beschriebenen Effekte.4. Zufriedenheit / Satisfaction:
Unzufriedenheit wirkt sich stark negativ auf die Motivation aus. Wird die Erwartungshaltung beim Lernenden enttäuscht, so stellt sich Demotivation ein und die Gefahr des Drop-Outs erhöht sich rapide. Es ist also aus Lehrendenperspektive geboten, durch regelmäßiges Feedback und Reflexionsphasen eine realistische Erwartungshaltung zu generieren und klare Transparenz hinsichtlich der Lernziele und Kriterien zu schaffen (wie z.B. beim Constructive Alignment). Motivational bietet es sich an, regelmäßige, abwechslungsreiche Übungen durchzuführen, damit die Lernenden ihr neu erworbenes Wissen in realen Situationen oder Simulationen anwenden und erproben können. Die Übungen sollten entsprechend dem Vorwissen und dem Kenntnisstand der Lernenden konzipiert werden, damit Frustration und Überforderung vermieden und die Erfolgszuversicht gesteigert wird. Angemessene Verstärkungen (Lob, dosierte Belohnungen, positive Rückmeldung) fördern die Zufriedenheit der Lernenden. -
4.2.2 Audience Response System (ARS)
Wie gelingt es Lernende in E-Learning Szenarien mehr einzubinden bzw. die Interaktivität zu erhöhen?Eine Möglichkeit, Lehr- und Lernszenarien im virtuellen Raum mit interaktiven Elementen anzureichern, besteht im Einsatz von Audience Response Systemen (ARS). Hierbei wird über hard- oder softwarebasierte Lösungen Feedback von den Teilnehmenden eines Kurses eingeholt und z.B. unmittelbar im Kurs selber integriert bzw. analysiert.
ARS meint i.d.R. Abstimmungsmöglichkeiten oder die Beanwortung von Multiple Choice Fragen innerhalb einer Präsentation oder eines Kurses!
Es kann diesbezüglich noch zwischen synchroner und asynchroner Kommunikation unterschieden werden, je nachdem welcher Veranstaltungstyp und welche Lehrorganisation von den Lehrenden gewählt wird.
Eine Übersicht zu einigen Tools, die man für beide Varianten nutzen kann, findet man in dieser Aufstellung sowie hier und natürlich in unserem Kurs zum Thema!Studienlage und Praxisbefunde
Der Einsatz von ARS Systemen erhöht die Aufmerksamkeit, da diese es den Lernenden ermöglichen sich stärker einzubringen (vgl. Kaleta & Joosten, 2007).Die Wissensvermittlung scheint bei Lernenden effektiver zu gelingen bzw. der Lernerfolg wird erhöht, wie eine Umfrage unter Lernenden ergab (vgl. ebd.).Die Anonymität der Interaktion erhöht die Partizipationsbereitschaft der Lernenden und involviert damit auch tendenziell zurückhaltende und schüchterne Lerner*Innen. Abweichende Positionen und andere Perspektiven fließen somit vermehrt in den Lehr- und Lernprozess ein.Aus Lernendensicht ermöglicht die Erfassung von Ergebnissen (z.B: bei Multiple Choice Fragen) eine Dokumentation über die eigenen Wissensstand und man kann damit eine gewisse Transparenz herstellen.Aus Lehrendensicht können ARS-Systeme helfen, die eigenen Inhalte und das Lehrtempo (synchron und asynchron) an die Rückmeldung der Lernenden anzupassen und damit zielgruppenspezifischer zu vermitteln. Mittel- und langfristig können durch die Dokumentation entsprechender Feedbacks wichtige Erkenntnisse über geeignete Vermittlungsmethoden und ggfls. fachspezifische Probleme gewonnen und mit anderen Lehrkräften ausgetauscht werden.ARS-System haben aufgrund ihres tendenziell innovativen Charakters und unterschiedlichen Integrationsformen einen gewissen Unterhaltungswert, der Interesse, Neugier und Motivation bei den Lernenden positiv beeinflussen kann. -
Tools & Anbieter
In diesem Abschnitt werden wir bekannte (und vielleicht noch unbekannte) Tools & Anbieter verlinken, die sich auf das Thema Audience Response und Interaktivität in der digitalen Lehre spezialisiert haben.Hier finden Sie u.A. eine Aufstellung und Übersicht: https://ep.elan-ev.de/wiki/Audience_Response [15.07.2022]
Grundsätzlich sollten Sie bei einer Verwendung entsprechender Dienste vorab die aktuelllen, datenschutzrechtlichen Vorschriften prüfen und z.B. eine DSGVO-Konformität sicherstellen!
Darüber hinaus sind nicht alle Dienste kostenfrei bzw. in ihrer "Basis"-Variante in der Funktionalität zumeist beschränkt.
Je nach Anforderungen und individuellen Bedürfnissen ist die Funktionalität bestimmter Dienste entsprechend abzuwägen und in Abstimmung mit den eigenen Lehr- und Lernszenarien zu beurteilen.
Die Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wird aber immer wieder editiert und erweitert:
OnlineTED (aktuell im Rahmen einer Lizenz für Mitarbeitende und Lehrende der THGA/DBM verfügbar, Infos hier [16.03.2023])
-
4.2.3 Gamification

Gamification beschreibt die Verwendung von Elementen aus (Computer-)Spielen in einem Lehr- und Lernszenario. Ziel hierbei ist es die Motivation der Lernenden zu fördern und über z.B. Belohnungen oder sog. „Badges“, Bestenlisten und/oder Zertifikate eine erhöhte Lernaktivität und –motivation zu generieren.
In Abgrenzung zu Lernspielen werden gamification-Elemente zumeist in einem nicht spielbezogenen (Lern-)Kontext benutzt, bauen aber auf ähnlichen Prinzipien der Belohnung und Verstärkung auf.
Studienlage
Die Studienlage zeigt ein sehr heterogenes Bild, wenn es um die Effekte von gamification auf Lernleistung und/oder Motivation geht. Aufgrund der unterschiedlichen Einsatzszenarien und –methoden in Lehr- und Lernprozessen erweist sich eine Analyse der Potentiale von gamification als schwierig. Nachfolgend sollen einige Studien einem ersten Überblick zur Einordnung der Thematik dienen.
Aus motivationaler Sicht scheint es laut Studienlage entscheidend für Effekte von gamification zu sein, ob Lernende für eine bestimmte Aufgabe bereits intrinsisch motiviert sind. Besteht also bereits Neugier und Interesse, so sind externe Belohnungen tendenziell eher kontraproduktiv und verringern intrinsische Motivation (vgl. Hanus, Fox, 2015).
Als langweilig wahrgenommene Aufgaben können allerdings durch die Integration von gamification-Elementen bzw. durch externe Anreize die intrinsische Motivation beim Lernenden positiv beeinflussen (vgl. Cameron, Banko, & Pierce, 2001; Deci et al., 2001). Ähnliche Schlussfolgerungen bzgl. eines nachweisbaren, gesteigerten User-Engagements bei Lernprozessen, die spielerische Elemente beinhalten, finden sich bei Mohamad et al. (2018).
Weitere positive Effekte von gamification konstatieren manche Autoren bei Lernenden in puncto Zufriedenheit (durch die Erreichung bestimmter Ziele/Belohnungen) und Optimismus (Erfolgserlebnisse, Selbstbestimmtheit) (vgl. Osterroth, 2021).
Eine Studie zeigte grundsätzlich Effekte von Gamification auf alle 3 psychologischen Grundbedürfnisse (Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit) (vgl. Xi, Hamari, 2019).
Lernförderliche Potentiale im Sinne einer Teilhabe scheint gamification aber auch im Bereich der Inklusion zu besitzen, wie ein Konzept für blinde und sehbehinderte Menschen darstellt (vgl. Jent, Janneck, 2018).
Gamification - Arten
Stöcklin (2017) gliedert Gamification in vier verschiedene Arten auf:Belohnungs-GamificationHier gehts es in erster Linie um Punkte, Badges (Abzeichen) und/oder Sammelobjekte, die die Lernenden über die Bewältigung von bestimmten Aufgaben sammeln können.Status-GamificationDer Status definiert sich über Ranglisten, Levels, Avatare oder Fortschrittsanzeigen etc.;Identifikations-GamificationEine bestimmte Storyline, Hierarchisierungsoptionen von Aktivitäten, Visualisierung bestimmter Themen/AktivitätenSelbstbestimmungs-GamificationFreie Wahlmöglichkeiten im Lernprozess, Kooperationen und Wettkämpfe, Herausforderungen, Fantasie und Neugierde weckenDie Unterteilung bzw. die unterschiedlichen Arten dienen nur einer Gliederung, sind jedoch nicht unabhängig voneinander zu sehen, da sie oftmals auch kombiniert auftreten können oder gewisse Schnittmengen haben! -
4.3 Lernen und Emotionen
Ähnlich wie der zuvor beschriebene Zusammenhang zwischen Lernen und Motivation kommt auch emotionalen Aspekten bei Lernprozessen viel Bedeutung zu! Lehrstrategien in virtuellen Lernumgebungen dürfen nicht nur kognitive Lernprozesse im Design berücksichtigen, sondern sie müssen auch Raum bieten für emotionale und motivationale Kriterien.
Entsprechend sollen auch hier Anknüpfungspunkte für eine digitale und/oder hybride Lehre entstehen und Einfluss auf ein didaktisches Design haben.
Empfinden Lernende das soziale Klima in ihrer virtuellen Lernumgebung als positiv, dann erhöht sich in der Regel die empfundene Zufriedenheit und damit die Wahrscheinlichkeit des Lernerfolgs. Empathie und Zuwendung helfen den Lernenden, die z.T. als frustrierend empfundene Isolation zu vergessen und sich als Teil einer Interessengemeinschaft mit einem kollektiven Ziel, der persönlichen Weiterbildung, zu fühlen.
Das Ziel virtueller Lernumgebungen muss sein, aus kurzfristigem Interesse heraus den Wunsch nach einer langfristigen und nachhaltigen Beschäftigung mit einem Wissensgebiet zu generieren. Um dies zu erreichen, müssen die Lerneinheiten zu den Interessen und Fähigkeiten der Lerner passen.So müssen z.B. die Anforderungen an den Lerner mit anwachsendem Expertentum steigen, um das Interesse aufrechterhalten zu können und den Lerner herauszufordern. Passung ist ein entscheidendes Kriterium für Instruktionsqualität. Selbstgesteuertes Kompetenzerleben ermutigt den Lerner darin, sich auch zukünftig konzentriert und engagiert mit den Lerneinheiten zu beschäftigen und eigenständig Problemlösestrategien zu entwickeln: Lernende müssen lernen, eigene Maßstäbe zu setzen.
(Zens, U. (o.J.))
Emotionen nehmen tiefgreifenden Einfluss auf menschliches Denken und Handeln. Sie steuern unsere Aufmerksamkeit, formen unsere Motivation, beeinflussen Speicherung und Abruf von Information aus dem Gedächtnis und befördern oder reduzieren Selbstregulation und den Einsatz von Problemlösestrategien. Dies hat zur Folge, dass sie auch für Lernen und Leistung im Bildungskontext zentrale Stellgrößen darstellen (Pekrun, 2017: 215).Krapp (2005: 607) ergänzt, dass wahrscheinlich zwischen „[…]emotionalen und motivationalen Bedingungen des Lernens enge wechselseitige Abhängigkeitsbeziehungen[..]“ nachweisbar wären. -
4.4 Didaktisches Design
Dem didaktischen Design kommt auch in der digitalen Lehre eine entscheidende Bedeutung zu, da abhängig von einer Abstimmung bestimmter Lehr- und Lernziele, der Lehrmethodik und einer entsprechenden Prüfungsform eine zielgruppengerechte Vermittlung von Lerninhalten gelingen kann.Hier sollen Modelle für ein didaktisches Design kurz vorgestellt und erläutert werden und Lehrenden dahingehend als Hilfestellung dienen.
Einen eigenen Kurs zur Thematik mit tiefergehenden Erläuterunten und Modellen finden Sie hier [07.03.2023]Einige ergänzende Informationen & Links zu der Thematik finden Sie auch hier! [07.03.2023] -
4.4.1 CCR Framework

Quelle: https://curriculumredesign.org/ [01.12.2021]
CCR Framework
Was sollen Studenten im 21. Jahrhundert lernen?Diese Frage soll über das Modell CCR (Center for Curriculum Redesign) Framework (Fadel et al., 2015) zeitgemäß beantwortet werden und im Kern auf vier Dimensionen aufgeteilt werden: Wissen, Fähigkeiten, Charaktereigenschaften und Meta-Lernen.
Angemessenes Lernen, welches alle relevanten Dimensionen abdeckt, geschieht innerhalb derer Schnittmengen. Spannend hierbei ist die Ebene des Meta-Lernens, in der (als eine Art allumfassende Dimension) die Lernenden sich dem eigenen Lernen, dem Fortschritt und der Adaptation bewusst werden, diese reflektieren können und alle Lernprozesse entsprechend anpassen lernen.
Für Lehrende kann dieses Modell eine Hilfestellung sein, um eigene Lehrsettings innerhalb der Schnittmenge dieser Dimensionen verorten zu können, oder zumindest Teilaspekte einzelner Dimensionen im Hinblick auf die eigene Zielgruppe zu integrieren.
Die Dimensionen und ihr Zusammenspiel stellen gängige Curricula vor eine Herausforderung zur Anpassung, da hier die Schulentwicklung sowohl traditionelle, als auch innovative Ansätze des Lernens vereinen und an die gesellschaftliche Kommunikationskultur anpassen kann.
-
4.4.2 DigCompEdu

(c) European Union 2017 https://ec.europa.eu/jrc/en/digcompedu [01.12.2021]
DigCompEdu
Das mit der Grafik gezeigte Modell "DigCompEdu" der Europäischen Union soll einen europäischen Rahmen für eine bildungspezifische, digitale Kompetenzentwicklung von Lehrenden bzw. Pädagogen setzen.
Ziel des Modells: Digitale Technologien zur Verbesserung und Innovation von Bildung und Ausbildung zu nutzen!Sechs Kompetenzbereiche mit 22 Teilkompetenzen bilden den Kompetenzrahmen von DigCompEdu.
Die Bereiche 2 bis 5 bilden den Kern und beschreiben, wie Lehrende digitale Medien effektiv einsetzen können.
Dieser Kern wird flankiert von den Bereichen 1 und 6, wobei 1 die Lehrenden und ihre Kommunikation im beruflichen Umfeld thematisiert, im Bereich 6 hingegen die digitalen Kompetenzen der Lernenden im Fokus stehen.
Interessant an dem Modell ist ein Selbsteinschätzungstool für Lehrende, welches Aufschluss über die eigenen digitalen Kompetenzen und Fähigkeiten gibt, dieses findet sich hier!Kritisch zu sehen wäre an DigCompEdu die Notwendigkeit einer angemessenen Selbsteinschätzung und Selbstreflexion! -
4.5 Best Practice Beispiele
In diesem Video stellen wir Ihnen ausgewählte Projekte (sogenannte Best-Practice Modelle) vor, die Anregung und Hilfe für eine Gestlatung von digitaler Lehre sein können:
Darüber hinaus ist folgender Link für verschiedene Best-Practice Szenarien und Umsetzungsideen empfehlenswert: Institut für Lerninnovation [07.11.2023] oder in unserem Kurs zum Didaktischen Design [07.11.2023]
-
Es gibt einen eigenen Kurs zu der Thematik "ARS", diesen finden Sie